Nach dem Köniz-Heimspiel erhielt Kelly Reeves im Beisein ihrer
Eltern Mike und Jeanne den Sympathiestrauss überreicht. Als
Volleyballerin holte ihre Mutter 1984 in Los Angeles Olympiasilber.
Tochter Kelly reist heute wegen Heimweh nach Hause. Bild R.
Standke
Kelly Reeves, die Aussenangreiferin des VC Kanti, reiste statt
zum Europacup in die Ukraine in ihre Heimat nach San Diego zurück.
Persönliche Gründe gaben neben Heimweh den Ausschlag. von Hans
Christoph Steinemann Volleyball Im NLA-Heimspiel vom letzten
Samstag gegen Köniz (1:3) hatte nichts darauf hingedeutet, dass
dies die letzte Partie der 22-jährigen Kelly Reeves sein könnte. Im
Gegenteil, die amerikanische Aussenangreiferin und
Abnahmespezialistin zeigte in der BBCArena in Anwesenheit ihrer
extra aus den USA nach Europa angereisten Eltern eine sehr gute,
engagierte Leistung, buchte am meisten Punkte (16) für das
Schaffhauser Team und erhielt nach dem Spiel auch völlig zu Recht
den Sympathiestrauss überreicht. Auffällig war indes in der
Nachbearbeitung des Matches, dass Kelly Reeves in der Halle
intensiv das Gespräch mit den Kantiverantwortlichen suchte. Mit
Trainer Dirk Gross und mit der Geschäftsführerin, Jana Vollmer. Und
Trainer Gross war es, der etwas später Präsident Heinz Looser zu
einer längeren Unterredung in den VIPRaum der alten
Schweizersbildhalle bat. Es ging um den – für alle überraschenden –
sofortigen Abgang von Kelly Reeves. Der Spieleragent der
Amerikanerin informierte dann Dirk Gross detailliert über deren
beabsichtigte Rückkehr nach Kalifornien. Reeves Wunsch
zurückzukehren hatte sich beim Aufenthalt in San Diego über
Weihnachten verstärkt, wie Heinz Looser erklärte. Sie sehe sich
psychisch nicht mehr in der Lage, die Saison beim VC Kanti
abzuschliessen, und wolle nach ihrer Rückreise von heute Dienstag
ihr Studium in Geschichte wieder aufnehmen. Dass das (Profi-)Leben
hier, verglichen mit jenem in ihrer Heimat, sehr unterschiedlich
sei, das erwähnte Kelly Reeves am letzten Dienstag im Interview mit
den SN, aber auch, dass es ihr in der Schweiz gefalle und sie die
Leute im und um den Club gut aufgenommen hätten. Auf eine
bevorstehende vorzeitige Abreise war daraus jedenfalls nicht zu
schliessen gewesen. Die Frohnatur wirkte im Gegenteil im Team gut
integriert und machte einen aufgestellten, motivierten Eindruck.
Aber eben, das war nur der Blick von aussen … In den inzwischen
rund 30 Jahren als Präsident des VC Kanti sei es nicht das erste
Mal, dass eine Akteurin (aus den USA), ebenfalls von Heimweh
geplagt, frühzeitig nach Hause reise. «Es ist der dritte Fall, an
den ich mich erinnere », erzählt Looser, «einmal passierte es zu
Beginn einer Saison nach dem ersten Spiel.» Umhauen könne ihn ein
solcher Abgang zwar nicht mehr, aber aus sportlicher Sicht findet
ihn Heinz Looser natürlich ganz und gar nicht gut. Denn das
Kantiteam agierte mit Kelly Reeves kompakt und weckte Erwartungen.
Nun hinterlässt sie auf ihrer Position eine Lücke, die kurzfristig
nur schwer zu schliessen sein wird. Entsprechend tief enttäuscht
vom Verhalten ihrer Kollegin habe sich auch das Team gezeigt.
«Jetzt sind wir gefordert », muss Heinz Looser erst einmal
durchatmen. «Wir müssen zuerst besprechen, was wir machen können.
Zu diesem Zeitpunkt eine Ersatzspielerin zu engagieren, ist aber
ganz schwierig, auch was die Finanzierung betrifft. » Das
Saisonziel, einen Rang unter den ersten vier Teams der laufenden
Meisterschaft zu erreichen, bleibe trotz dem Verlust von Kelly
Reeves jedoch bestehen, gibt sich Looser trotzig.