Der VC Kanti blickt vor dem letzten Heimspiel am Sonntag (17.30 Uhr,
BBC-Arena) gegen Volley Toggenburg auf eine sehr ernüchternde Saison zurück.
Präsident Heinz Looser zieht im SN-Interview ein erstes Fazit und blickt vor
allem in die Zukunft.
Präsident Heinz Looser steckt mit dem VC Kanti in einem sportlichen Tief.
Interview Heinz Looser, Präsident des VC Kanti
INTERVIEW HANS CHRISTOPH STEINEMANN
Sie, Heinz Looser, haben sich ja die meisten Spiele der laufenden
Abstiegsrunde angesehen. Wie haben Sie sich am Mittwoch während des sehr
schwachen Spiels Ihres Teams in Luzern gefühlt, speziell im vierten Satz,
als ihm nur drei Punkte gelangen?
Heinz Looser: Da war von Ausstrahlung wirklich nichts mehr zu sehen. Da hat
mir nicht mehr sehr viel gefallen … Im ersten Moment kam mir gar der Gedanke,
diese Mannschaft musst du bis auf vielleicht zwei Spielerinnen komplett
auswechseln. Das war der Tiefpunkt der Saison. Dass es nach dem feststehenden
Ligaerhalt nicht mehr um sehr viel gegangen und es nur eine Kopfsache gewesen
ist, akzeptiere ich nicht. Wir sagten von vornherein, dass auch die
verbleibenden Spiele dieser Abstiegsrunde für alle wichtig sind. Aber für die
Zukunftsplanung ist mir nun einiges klar geworden.
Wie geht es denn konkret weiter?
Looser: Dazu kann ich im Moment konkret nichts sagen. Die entscheidenden
Sitzungen stehen über Ostern an.
Trotzdem eine Nachfrage: Welche Signale gibt es denn bezüglich Trainerin
und Teamstaff?
Looser: Wir haben schon im Vorfeld, das heisst Ende Januar, entschieden, dass
wir an Mélanie Pauli als Cheftrainerin festhalten. Wir wollen ihr die Chance
geben, dass sie mit einem von ihr selbst zusammengestellten Team eine Saison
lang arbeiten kann. Nach dem unerwarteten Abgang von Trainer Dirk Gross nach
Wiesbaden im letzten Sommer ist sie kurzfristig eingesprungen und hat die
praktisch von ihm zusammengestellte Mannschaft übernommen. Ich tendiere
nach wie vor klar zur Lösung mit Mélanie Pauli, dies auch im Wissen, dass wir
keine Saison mehr wie diese erleben dürfen und sie vermehrt unter Druck stehen
wird.
Wenn man praktisch nur verliert, sind im Sport generell, auch im Volleyball,
schnell und meist hinter vorgehaltener Hand Vorwürfe zu hören. Wie sieht es
diesbezüglich beim VC Kanti aus?
Looser: Klar gibt es auch solche Stimmen. Das zählt nicht. Was zählt, ist,
dass unsere Trainerin immer, auch zuletzt im Spiel in Luzern, taktisch und vom
Coaching her alles versucht hat, um die Mannschaft zum Erfolg zu bringen. Das
haben mir auch die Gespräche bestätigt, die ich am Tag danach mit Mélanie Pauli
geführt habe. Das Team konnte die Taktik nicht wie geplant aufs Feld bringen,
dies auch, weil gewisse Spielerinnen im Kader sind, die sich im spieltaktischen
Bereich noch entwickeln müssen. Darauf werden wir bei der neuen Kaderbildung
genau schauen.
Dass in dieser Saison wenig für den VC Kanti laufen würde, war im Herbst
schnell zu sehen. Und die Hoffnung auf Besserung erfüllte sich nie. Selbst das
vor der Abstiegsrunde formulierte Ziel, vom 9. noch auf den 7. oder 8. Rang
vorzustossen, erwies sich als unerreichbar. Warum war der Abwärtsstrudel nicht
zu bremsen?
Looser: Die Tendenz haben wir schon nach wenigen Spielen im Herbst gesehen
und konnten sie leider nicht umkehren. Das hat mit der allgemein schwierigen
Konstellation im Team und im Speziellen mit der Anzahl der zur Verfügung
stehenden Schweizerinnen zu tun. Diese neue Regel, dass zwei Schweizer
Spielerinnen auf dem Feld stehen müssen, trat auf diese Saison hin in Kraft. Wir
schafften es einfach nie, eine gut funktionierende Stammsechs zu finden. Und so
konnten die Spielerinnen, die viel Vertrauen brauchen, dieses nie aufbauen.
Haben Sie während der Saison über Neuzuzüge nachgedacht?
Looser: Ja, darüber haben wir im Staff und in der Marketinggruppe intensiv
nachgedacht. Aber auch diese Frage hängt eng mit der neuen Konstellation der
Schweizer Spielerinnen zusammen. Eine weitere Ausländerin zu holen, das hätte
nichts gebracht, und Schweizerinnen waren nicht verfügbar.
Schauen wir in die Zukunft. Im Zentrum stehen auch da die Schweizer
Spielerinnen. Wie sieht es aus?
Looser: Mit den Schweizer Spielerinnen im Kader laufen Gespräche. Dazu wurden
von uns aus 10 bis 15 Kandida-tinnen kontaktiert. Es ist eben sehr schwierig,
Schweizer Volleyballerinnen nach Schaffhausen zu holen. Dies wegen unserer
Randlage, denn wir verfügen kaum über Studien- oder Ausbildungsplätze in der
Nähe. Auch gibt es in der Region Schaffhausen und in der ganzen Nordostschweiz
bei den Frauen kein NLB- oder 1.-Liga-Team, aus dem sich Talente aufdrängen. Und
Toggenburg verschwindet jetzt in die NLB. Der Vergleich mit der grossen Region
Bern, Neuenburg, Freiburg, Jura fällt schlecht aus für uns, da gibt es eine
Anhäufung von Clubs und daher weit mehr Talente.
Wie sehen Sie den Zeitplan für die Kaderbildung 2016/17?
Looser: Wir verfahren nach dem gleichen Konzept wie bisher, zumal das
Reglement mit den Schweizerinnen unverändert bleibt. Zuerst wollen wir mit
Schweizerinnen Verträge abschliessen, danach engagieren wir die Ausländerinnen.
Super wäre es, wenn wir alles bis Ende April abschliessen könnten. Zeit haben
wir im Prinzip bis etwa Ende Juli. Von den ausländischen Spielerinnen haben
wir einige Signale erhalten, Entscheidungen fallen aber, wie schon gesagt, erst
später.
Welche Zielsetzung hat der VC Kanti nach der missglückten Saison?
Looser: Wir wollen ganz klar wieder in die Finalrunde. Auch mit unserem
Budget von nach wie vor rund 400 000 Franken müssen wir unter die ersten
sechs kommen.
Wie reagierten denn die Sponsoren auf die Niederlagenserie in dieser
Saison?
Looser: Bis jetzt erhalten wir gute Signale. Die Leute haben gesehen,
dass es beim VC Kanti nicht nur um die erste Mannschaft geht – die als
Aushängeschild natürlich sehr wichtig ist. Wir wollen mit unserem neuen
Nachwuchskonzept in den nächsten fünf Jahren die besten Juniorinnen wieder an
unser NLA-Team her-anführen und dann in dieses Team integrieren. Auch bei dieser
Arbeit hat unsere Trainerin Mélanie Pauli eine zentrale Rolle.
Sind schon erste Erfolge sichtbar?
Looser: Der Aufstieg unserer 5.-Liga-Equipe in die 4. Liga mit 14-jährigen
Spielerinnen ist vielleicht ein erstes kleines Zeichen. Das muss so weitergehen,
vor allem müssen wir parallel zur NLA wieder eine 1.-Liga-Mannschaft aufbauen,
um die Talente vor dem allfälligen Schritt aufs nationale zuerst auf gutem
regionalem Niveau spielen zu lassen.
Eine persönliche Frage: Gut 30 Jahre sind Sie nun Präsident des VC Kanti und
äusserten vor einiger Zeit Rücktrittspläne … Was sagen Sie dazu?
Looser: In der momentanen Situation des Clubs kann ich doch nicht über
Rücktrittspläne sprechen.
Vielen Dank für das Gespräch.
«Wir wollen Mélanie Pauli die Chance geben, dass sie mit einem von ihr
zusammengestellten Team arbeiten kann.»
HEINZ LOOSER
VC-Kanti-Präsident